Redaktionsblog

Chancen und Schwierigkeiten neutraler Berichterstattung

Kommentar einer Redakteurin

Ich arbeite inzwischen seit mehr als 1 ½ Jahren in der Redaktion der Oberberg-Nachrichten.de . Bei einem meiner ersten Pressetermine wurde mir bereits mitgeteilt man wolle “keine Berichterstattung mit rechten Tendenzen” zu lesen bekommen. Die betreffende Person kannte mich persönlich nicht und hatte auch noch nie einen Artikel von mir gelesen.

Warum mich diese Aussage damals ziemlich traf? Ich hatte mit einer solchen Vorverurteilung nicht gerechnet, schon weil die erwartete politische Einstellung meiner eigenen in keinem Sinn entsprach oder entspricht. Was mir diese Erfahrung aber auch gezeigt hat: Wir brauchen mehr Neutralität in den Medien.

Lese ich in verschiedenen Medien – auch hier in Oberberg – Artikel, besonders im Themenfeld Politik, sind sie stets eingefärbt. Ob links oder rechts spielt dabei in meinen Augen keine Rolle: Ein Medium sollte allen Lesern die Möglichkeit geben, sich eine eigene Meinung zu bilden und nicht die Meinung des Autors begründen. Erst, wenn unter einem Artikel fünf verschiedene Meinung zu der Thematik kommentiert werden, ist dieses Ziel letztendlich erreicht.

Nichtsdestotrotz erreichen mich in regelmäßigen Abständen Nachrichten wie “Warum hast du dazu etwas geschrieben?”. Ein gutes Beispiel ist die Ankündigung der später abgesagten Demonstration “Für die Freiheit unserer Kinder” in Wiehl. Bestand zu diesem Thema ein öffentliches Interesse? Ja, das tat es. Deshalb wurde es veröffentlicht, ohne die Meinung von einzelnen Redaktionsmitgliedern, ohne Wertung. Genauso die Corona-Fallzahlen: Immer wieder wurde die Redaktion dafür kritisiert, dass sie eine solche “Panik-Mache” veröffentlicht. Fakt ist, dass daran aber immer noch ein Interesse besteht. Zu einer neutralen Berichterstattung gehören aber nunmal beide Seiten.

Warum ist eine neutrale Berichterstattung wichtig? Wir leben in einer Demokratie und die Demokratie lebt von der Kommunikation. Durch nicht eingefärbte Informationen hat jeder einzelne die Möglichkeit, sich seine eigene Meinung zu bilden und diese zu kommunizieren, zu diskutieren und so kann sich am Ende ein Kompromiss bilden. Zensiert man einen Blickwinkel vollständig, fühlt sich die Gruppe, die diesen Blickwinkel vertritt, mitunter ausgeschlossen – diskriminiert. Die hypothetische Gruppe kommuniziert mehr untereinander anstatt mit anderen Gruppen. Dies kann zu einer Radikalisierung führen, da sich die einzelnen Mitglieder der Gruppe stets gegenseitig bestätigen. Durch eine neutrale Berichterstattung kann dem zumindest teilweise vorgebeugt werden.

Es ist das gute Recht des Lesers, die Berichterstattung zu kritisieren. Auch ich bin nur ein Mensch, auch ich mache Fehler. Die Kritik, dass eine Information jedoch überhaupt veröffentlicht wird, werde ich zwar wahrnehmen, jedoch in jedem Fall ignorieren. Gibt es zu viele Informationen? Würden Menschen “Für die Freiheit unserer Kinder” demonstrieren, wenn sie ihre Meinung auch anderweitig wahrgenommen sehen würden? Könnte man gegen die Demonstration ohne die Fallzahlen debattieren? Demokratie lebt von Kommunikation, wir in den Oberberg-Nachrichten.de möchten unseren Beitrag zu der Grundlage für eben diese leisten.

Wenn also zum Beispiel für die kommende Bundestagswahl verschiedene Parteien ihre Kandidaten wählen und damit an mich herantreten, wie es DIE LINKE, Bündnis90/DIE GRÜNEN und die CDU bereits getan haben, werde ich das veröffentlichen – sofern genannte Partei im Oberbergischen Kreis antritt und sich es eine ungefähre Ausgewogenheit in der Menge der Nachrichten gibt. Über Sinn oder Unsinn der Kandidaten, Parteien und Wahlprogramme darf und soll gerne diskutiert werden – wir behalten uns vor, keine Partei zu zensieren und wertfrei zu berichten.

Autorin: Amei Schüttler

Veröffentlicht von:

Amei Schüttler
Amei Schüttler
Amei Schüttler ist Redakteurin bei den Oberberg-Nachrichten. Sie sitzt in unserer Zentralredaktion in Bergneustadt. Sie ist per Mail redaktion@oberberg-nachrichten.de für unsere Leser erreichbar.

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