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Gewerbegebiet in Hardt- Hanfgarten und Rospe: Gespaltene Perspektiven auf den Regionalplan

Gummersbach “Zwei Ortsteile fordern ein klares NEIN” – so lautete die Überschrift eines Artikels, der uns wie auch einigen anderen Redaktionen durch Privatpersonen eingeschickt wurde. Für unsere Leserschaft hat sich die Oberberg-Nachrichten.de-Redaktion mit der Stadtverwaltung in Verbindung gesetzt, sowie mit den einzelnen Ratsfraktionen der Stadt. Insgesamt geht es um eine etwa 22 Hektar große Fläche, die derzeit landwirtschaftlich genutzt wird und gemäß des Planes in ein Gewerbegebiet umgewandelt werden könnte. Die Vorwürfe an die Politik: Mangelnde Transparenz, Entwertung von Immobilien, Landwirte würden in ihrer Existenz bedroht und Naturschutz nicht berücksichtigt.

Zwei Ortsteile fordern ein klares NEIN

Anwohner und Bürger der Ortsteile Hardt- Hanfgarten und Rospe bangen um ihre Zukunft und vermissen eine klare Haltung seitens der Politik

Die Stadt Gummersbach hat es in der Hand. Regionalplanung geschieht in bilateraler Abstimmung. Eine klare Positionierung der Kommunalpolitik ist maßgeblich für die Regionalplanung und kann eine Änderung dahingehend bewirken, dass die entsprechenden Flächen nicht länger als Gewerbe-/Industriegebiet ausgewiesen werden.
Doch warum bezieht die Kommunalpolitik keine Stellung? Warum wird aktuell nur beschwichtigt? Öffentlichkeitswirksam herrscht Stille seitens der Politik.
Wenn der Regionalplan nicht geändert wird, drohen den Ortsteilen drastische Konsequenzen. Die Immobilienpreise sinken bei einer solchen Unsicherheit rapide ab. Investitionssicherheit und Zukunftsperspektiven fehlen.

Das ist aber erst der Anfang. Die Umsetzung des Planes würde noch viel weitreichendere Konsequenzen mit sich bringen. Für die Bürger, aber auch global. Die ausgewiesenen Flächen werden von drei landwirtschaftlichen Betrieben bewirtschaftet und sind deren Existenzgrundlage. Die Betriebe wiederum versorgen die Umgebung mit regionalen Produkten. Mangelnde Erholungsgebiete, geschützte Tierarten, versiegelte Flächen, Klimawandel – all das sind Punkte, die die Bürger bereits in der Öffentlichkeit thematisieren.
Bereits im Oktober 2018 wurde der Stadt von allen vier Eigentümern der Flächen mitgeteilt, dass diese jetzt und in Zukunft definitiv und verbindlich nicht veräußert werden sollen. Dennoch wurden diese Flächen von der Stadt Gummersbach mit der Bezirksregierung Köln als Fläche für das Gewerbe-/Industriegebiet ausgewiesen. Seitens der Stadt herrscht aktuell die Aussage, dass es zu keiner Enteignung kommen soll (Bericht OVZ vom 10.8.22). Fraglich ist, warum die Planung aktuell immer noch „läuft“ und die BürgerInnen beklagen, dass für diese Planung weiterhin öffentliche Gelder verwendet werden. Die BürgerInnen beklagen, dass öffentliche Gelder für Planungen verwendet werden.

Verärgerung löst auch die fehlende Benachrichtigung der Betroffenen seitens der Bezirksregierung Köln bzw. Stadt Gummersbach über die Änderung des Regionalplans aus. Gem. § 9 Abs. 1 Raumordnungsgesetz (ROG) sind zwar lediglich die Öffentlichkeit sowie die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen von der Aufstellung des Raumordnungsplans zu unterrichten. Bekanntmachungen in Tageszeitungen sowie die Pflicht der Bürger, sich über geplante Vorhaben zu informieren, sind somit die übliche Verfahrensweise. Vor dem Hintergrund, dass aber bereits im Jahr 2018 Kontakt zwischen den Betroffenen und der Stadt Gummersbach existierte, sind diese umso mehr über die fehlende Benachrichtigung verärgert.

Um die Politik zum Handeln zu bewegen und eine Änderung des Regionalplans zu bewirken, haben die betroffenen Bürger eine Online-Petition gestartet.

Weitere detaillierte Informationen finden Sie auf rospe.de
Zudem findet am 21.8.22, um 16 Uhr, eine geführte Wanderung statt, bei der man das entsprechende Gebiet direkt vor Ort sehen und Fragen stellen kann. Im Anschluss, ab etwa ab 17 Uhr, veranstaltet die Interessengemeinschaft einen Infoabend, mit Getränken für alle Betroffenen und alle, die unterstützen wollen (Auf den Bruchswiesen 14, 51643 Gummersbach; auf dem ausgewiesenen Parkplatz). Anmelden kann man sich bei [Persönliche Daten mussten aus Gründen des Datenschutzes zensiert werden, die Anmeldedaten sind für Interessierte auf genannter Website allerdings einsehbar].

Eine Milchquelle, die für immer versiegt.

Die Listen liegen aus! Von Mittwoch, dem 17.08. bis zum Freitag, dem
19.08.2022, hat jeder die Möglichkeit, sich an den DRIVE-IN-PETITIONSSTATIONEN in die
Unterschriften-Listen gegen den geplanten Gewerbe- und Industriepark Rospe
einzutragen.

Die Standorte: Der MertenHof (Auf den Bruchswiesen) und der Parkplatz des
ehemaligen Hotels Tabbert (Hardtstraße). Online ist dies selbstverständlich alternativ ebenfalls möglich. Wichtiger Hinweis: Bitte nicht mehrfach unterschreiben!

Genau wie ihre Nachbarn bangen die Jungunternehmer, [persönliche Daten wurden zensiert, es handelt sich offensichtlich um eine vierköpfige Familie] um ihre Existenz
und gemeinsame Zukunft.

Sollte man sich noch nicht in die Petitionslisten eingetragen haben, wäre dies noch eine gute Gelegenheit, denn die Zeit läuft!”

Stellungnahme aus der Stadtverwaltung

Jürgen Hefner, Technischer Beigeordneter der Stadt Gummersbach, stellte für uns die Perspektive der Stadtverwaltung dar.

Der Regionalplan ist dem Landesplan untergeordnet. Alle 20 bis 25 Jahre wird er neu aufgestellt, was stets fünf bis sechs Jahre dauert, da es sich um einen langwierigen Prozess handele. Aktuell läuft das Beteiligungsverfahren, daher können sich verschiedenste Personen an dieser Stelle einbringen und Bedenken oder Anregungen äußern. In diesem Rahmen können sich auch die Eigentümer aus Rospe einbringen.

Zu der Bedeutung des Regionalplans beschrieb er, dass dieser den Rahmen vorgebe, in dem die Kommune handeln kann. Aus dem Regionalplan ergibt sich der Flächennutzungsplan, aus diesem wiederum der Bebauungsplan.

Aktuell habe die Stadt Gummersbach kein Interesse, in dieser Legislaturperiode überhaupt neue Gewerbegebiete zu erschließen. In zehn oder zwanzig Jahren sei das vielleicht anders und für diesen Fall sorge man vor. Durch den Regionalplan gebe es dann in der Zukunft mehr Möglichkeiten. Auch dann müsste man aber zunächst mit den Eigentümern sprechen, ein Gewerbegebiet könne nur entstehen, wenn diese bereit seien, ihre Flächen abzugeben.

Eine weitere Möglichkeit sei es, dass die Fläche planerisch mit einer anderen getauscht würde: Wenn beispielsweise ein Landwirt in einer anderen Ecke Gummersbachs seine Betrieb aufgeben wollte und diese Fläche gut gelegen wäre, könnte diese unter Umständen statt des ursprünglich geplanten Gewerbegebiets umgewandelt werden. In keinem Fall seien die landwirtschaftlichen Betriebe in ihrer Existenz bedroht.

Da in dem Artikel gerade Transparenz von Seiten der Kommunalpolitik gewünscht wurde, haben wir selbstverständlich auch die Ratsfraktionen befragt, um ein umfassenderes und vielseitiges Bild der Lage zu bekommen.

Antworten aus den Ratsfraktionen

Die schnellste Antwort kam von Seiten des CDU-Fraktionsvorsitzenden im Rat der Stadt Gummersbach, Jörg Jansen. Er beantworte grundsätzlich keine Mail-Anfragen von Medienvertretern, die er nicht kenne; Allerdings bot er an, dass man sich gerne anderweitig bei ihm vorstellen könne, dann sei auch ein Interview möglich. Da unsere redaktionellen Kapazitäten es leider nicht zulassen, sich bei jedem Fraktionsvorsitzenden in Oberberg einzeln vorzustellen, jedoch alle die gleichen Chancen erhalten sollten, haben wir uns grundsätzlich dagegen entschieden und hoffen, in Zukunft andere Wege zu finden mit Herrn Jansen zusammen zu arbeiten.

FDP-Fraktionsvorsitzender Dr. Ulrich von Trotha wollte sich noch nicht zu dieser Frage positionieren, gab allerdings an, wo und wann diese Frage weiter erläutert wird:

Morgen (Freitag 19.08.22 um 12.00 Video-Konferenz) erfolgt auf Antrag der FDP-Fraktion zu dieser Frage eine Sachstandsanalyse im Hauptausschuss des Rates der Stadt Gummersbach.

Am kommenden Mittwoch (24.08.22 um 18.00 Ratssaal Gummersbach) wird sich der Rat der Stadt Gummersbach als TOP 1 im Ausschuss für Stadtentwicklung ebenfalls mit diesem Thema beschäftigen.

Sie werden sicherlich Verständnis dafür haben, wenn die FDP-Fraktion im Rat der Stadt Gummersbach diese Gremiensitzungen vor einer Stellungnahme abwarten möchte.”

Die Ausschusssitzung ist öffentlich, daher kann jeder interessierte Bürger und jede interessierte Bürgerin daran als Zuschauer teilnehmen und sich ein direktes Bild von der Lage machen. Die Tagesordnung inklusive einiger sitzungsrelevanter Dokumente sind an dieser Stelle bereits öffentlich einsehbar.

Konrad Gerards, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Rat, beschrieb die Situation wie folgt:

Der Ortsverband Bündnis 90/Die Grünen und die Grüne Fraktion im Rat der Stadt Gummersbach lehnen das im Regionalplan geplante Gewerbe- und Industriegebiet “Rospe” ab. Wir sind der Meinung, dass wir für unsere Zukunft keine neuen Gewerbegebiete auf der Grünen Wiese brauchen. Besonders die hauptsächlich landwirtschaftlich genutzte Fläche Rospe/Hardt-Hanfgarten sollte auch in Zukunft so genutzt werden wie bisher.

Der Kreistag hat gegen die Stimmen der Grünen mehrheitlich dem Regionalplan und somit dem Gewerbegebiet Rospe zugestimmt. Jetzt kommt es auf den Regionalrat an. Wird dort dem Regionalplan und dem Gewerbegebiet Rospe zugestimmt, hat dies aber noch keine Auswirkungen für die zukünftige Nutzung.

Der Rat der Stadt Gummersbach müsste noch den Flächennutzungsplan ändern. Auch dies führt noch zu keinem Baurecht. Erst wenn der Rat für das Gewerbegebiet einen Bebauungsplan erlässt, dann führt dies zu Baurecht.

Auch wenn der Regionalplan mit dem Gewerbegebiet Rospe beschlossen werden sollte, liegt die alleinige Verantwortung für die zukünftige Nutzung dem Rat der Stadt Gummersbach.”

Auch Diyar Agu, Fraktionsvorsitzender für DIE LINKE, äußerte sich zu dem Sachverhalt:

Im Jahre 2015 hatte der damalige Rat gegenüber der Bezirksregierung den Wunsch geäußert, zwei Flächen in Rospe bzw. Herreshagen als potentielle Gewerbegebiete in der Landesplanung zu erfassen.

Im Mai hatte der aktuelle Rat einen Beschluss über den Regionalplan der Bezirksregierung gefasst, ohne dass die Verwaltung nochmals über die potentiellen Gewerbegebiete aufmerksam machte. Wünschenswert wäre es angesichts der großen Bedeutung für die Stadtentwicklung, der Interessenkonflikte mit den Anwohnern und des öffentlichen Interesses gewesen, wenn der Ausschuss über den 2015 gefassten Beschluss und die Einarbeitung in den Regionalplan in besonderer Weise in Kenntnis gesetzt worden wäre, noch bevor es zu einer Abstimmung kommt. Die betroffenen Landwirte und Anwohner zusätzlich zu dieser Sitzung einzuladen, hätte mehr Transparenz geschaffen.

Direkte Konsequenzen können sich glücklicherweise nicht ergeben, da die Landesplanung von der Kommunalen abgegrenzt werden muss. Solange es keine Grundstücksverkäufe vonseiten der Anwohner gibt, und darüberhinaus auch keine vom Rat gefassten kommunalen Pläne die Schaffung von Gewerbeflächen vorsehen, bleibt der Stadtteil auch von einem Zweckumbau verschont. Weder Stadtverwaltung, noch der Rat können zunächst im Alleingang etwas tun, was dem Willen der Anwohner widerspricht.

Allerdings eröffnet der Regionalplan langfristig die Möglichkeit, falls es in der Zukunft einen Bedarf an Gewerbeflächen geben sollte und dies mehrheitlich vom Rat entschieden sowie von den betroffenen Anwohnern ermöglicht wird, entsprechende Flächen zu schaffen. Die Stadt sichert sich auf lange Zeit betrachtet einen nicht zu unterschätzenden Machtanspruch. Problematisch wird es dann, wenn durch nicht vorhersehbare, zukünftige Ereignisse Interessenskonflikte in der Arbeitswelt und damit einhergehend ein öffentlicher Druck gegenüber Landwirten und Anwohnern entsteht. Die rechtliche Voraussetzung wäre auf Landesebene durch den Regionalplan erst einmal geschaffen und würde der Kommune viel Spielraum bieten.”

Von Seiten der SPD- und AfD-Vorsitzenden erfolgte bisher keine Antwort. Sollte noch eine Antwort erfolgen, werden wir sie an dieser Stelle einfügen. Weitere Informationen werden sich mutmaßlich in der oben genannten Ausschusssitzung am 24.08. um 18 Uhr im Ratssaal von Gummersbach ergeben.

Nachtrag (23.08.2022): Stellungnahme der AfD-Fraktion

Bernd Rummler, Fraktionsvorsitzender der AfD, nahm am heutigen Dienstag (23.08.2022) Stellung zu dem Sachverhalt. Die spätere Rückmeldung begründete er damit, dass er sich zunächst informieren und mit seiner Fraktion besprechen wollte. Das Planungsverfahren läuft seinen Angaben zufolge bereits seit über zehn Jahren. Die AfD war in dieser Zeit auf keiner Ebene an den getroffenen Entscheidungen beteiligt, die jedoch stets einstimmig ausgefallen seien, auch unter Beteiligung von Bündnis 90/Die Grünen. Daher empfand er die Aufregung seitens anderer Parteien selbst nicht nachvollziehbar.

Jede Stadt brauche Entwicklungsflächen, auf denen langfristig Gewerbe angesiedelt werden könne. Andernfalls gehe man auch das Risiko ein, Gewerbe und die damit zusammenhängenden Einnahmen an andere Kommunen zu verlieren. Diese Flächen müssen gewisse Kriterien erfüllen, wie in Hinsicht auf die Anbindung an die Verkehrsinfrastruktur, aber beispielsweise auch auf die Flächenversiegelung. In Gummersbach stehen seinen Informationen zufolge nicht mehr viele solcher Gebiete zur Verfügung.

Dennoch betonte Herr Rummler, dass niemand enteignet werden würde und kein Eigentümer um seine Existenz fürchten müsse. Es werde sich dort nur in dem Fall Gewerbe ansiedeln können, dass jemand verkaufen möchte. In diesem Fall habe der Verkäufer jedoch mehr Optionen, weil das Land durch die zusätzliche gewerbliche Nutzungsmöglichkeit mehr Wert habe. Auf jeden Fall sei es wichtig, die Anwohner dann mit ins Boot zu holen.

Autorin: Amei Schüttler

Veröffentlicht von:

Amei Schüttler
Amei Schüttler
Amei Schüttler ist Redakteurin bei den Oberberg-Nachrichten. Sie sitzt in unserer Zentralredaktion in Bergneustadt. Sie ist per Mail redaktion@oberberg-nachrichten.de für unsere Leser erreichbar.

Ein Kommentar

  1. Danke für das Einholen der Antworten. Da sind ja teilweise klare Worte zu finden. Sowohl in die eine Richtung, z.B. von den Linken, aber auch in die andere Richtung – peinlich Herr Jansen.

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