Vorstellung: Bürgermeisterkandidat Thomas Hein
Gummersbach – In Gummersbach treten zur kommenden Kommunalwahl am 13. September 2020 zwei Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters an: Thomas Hein und der amtierende Bürgermeister Frank Helmenstein. Herr Hein hat einen Fragebogen für Sie beantwortet, der ihn und seine Ziele vorstellen soll.
Steckbrief
Alter: Ich bin 62 Jahre alt
Beruf und Beruflicher Werdegang:
Ich habe in Siegen und Köln Sozialarbeit studiert, bin Diplom-Sozialarbeiter und Jugendhilfeplaner. Seit 1989 bin ich Fachbeamter und leite als städtischer Verwaltungsdirektor den Fachbereich Jugend, Familie und Soziales für die Stadt Gummersbach. Gemeinsam mit meinen MitarbeiterInnen sind wir von der Wiege bis zur Bahre für die Menschen hier in Gummersbach im Rahmen der Daseinsvorsorge tätig.
Wie lange wohnen Sie schon in Gummersbach?
Ich wohne seit 2001 in Gummersbach.
Was verbinden Sie mit Gummersbach?
Mittlerweile ist Gummersbach für mich Heimat geworden – ich arbeite gerne hier, habe viele Freunde gefunden und mag die Umgebung. Ich liebe die Vielfalt der hiesigen Menschen – immerhin leben über 120 Nationen hier friedlich miteinander – und bin in das hiesige Vereinsleben eingebunden.
Welche politischen Erfahrungen haben Sie bisher gesammelt?
Ich verfüge über 35 Jahre Berufserfahrung im kommunalen Sektor und seinen politischen Gremien. Ich arbeite mit dem Stadtrat und den Ausschüssen seit Beginn meiner Tätigkeit in Gummersbach vertrauensvoll zusammen und habe als parteiunabhängiger Mensch zu allen Fraktionen im Stadtrat ein gutes Verhältnis gepflegt. Darüber hinaus bin ich auf Landesebene im Arbeitskreis Kinder- und Jugendhilfe für den Städte- und Gemeindebund tätig, bin Mitglied im Beirat „frühe Hilfen“ des Landes NRW und engagiere mich in verschiedenen Gremien gegen sexuellen Kindesmissbrauch.
Was ist Ihre persönliche Motivation Bürgermeister zu werden?
Als Bürgermeister möchte ich – anders als bisher – mit den Bürgerinnen und Bürgern aller Altersklassen in ihren jeweiligen Stadtteilen ins Gespräch kommen. Ich möchte den GummersbacherInnen mehr Zuhören – gemeinsam mit Ihnen, den Stadtverordneten und den Fachleuten aus der Verwaltung in Form von „Zukunftswerkstätten“ die einzelnen Stadtteile weiter entwickeln. Ich wünsche mir erheblich mehr an Beteiligung aller Generationen – denn Sie sind die Experten für Ihren Stadtteil und haben ein Recht auf mehr Mitbestimmung.
Persönliche Schwerpunkte:
Das Thema Bürgerkommunikation zieht sich wie ein roter Faden durch alle Themenschwerpunkte – die Erfahrungen der Menschen, von Groß und Klein in ihren Stadtteilen, die generelle Verbesserung ihrer Lebensbedingungen und der Erhalt einer möglichst gesunden Umgebung sind mir besonders wichtig. Persönliche Schwerpunkte sind darüber hinaus, erhalten und schaffen preisgünstigen, möglichst barrierefreien Wohnraums für die Menschen hier, Klima und Mobilität zu verbessern, Bildung, Gesundheit und Soziales chancengerecht zu gestalten, Gewerbe und Flächenverbräuche miteinander zu versöhnen und die städtischen Finanzen zu konsolidieren.
Welche Themen sind für Sie persönlich in Gummersbach wichtig?
Mein Ziel ist es gemeinsam mit den Menschen Gummersbach als lebens- und liebenswerte Stadt zu gestalten, in der sich ihre Bewohner wohl fühlen, sich als Gemeinschaft verstehen, gemeinsam Lösungen entwickeln, um die vielen heutigen und zukünftigen Herausforderungen zu meistern. Gute Kommunikation ist dabei der Schlüssel um auch alle wirksam zu beteiligen.
Was würden Sie gerne verändern?
Mein persönliches Anliegen ist es mehr Prävention in Gummersbach zu etablieren. Es müssen Anreize für mehr Bewegung und Sport geschaffen und eine gesündere Ernährung lokal gefördert werden. Zur Prävention gehört nicht zuletzt auch die Versorgung der hiesigen Bevölkerung mit entsprechenden Schutzmitteln (Masken etc.). Das gehört seit den Pandemie Übungen 2007 und 2012, seit SARS (2003) und MERS (2015), seit der Flüchtlingsaufnahme 2015 längst zum Allgemeinwissen. Als Bürgermeister werde ich dafür Sorge tragen, dass diese Schutzmittel der hiesigen Bevölkerung im Vorfeld einer neuen Lage ausreichend zur Verfügung stehen.
Unserer älteren Generation soll es ermöglicht werden ein möglichst langes und selbstbestimmtes Leben im vertrauten Umfeld zu genießen. Ambulant vor Stationär heißt für mich hier das Programm. Dafür ist aber genügend barrierearmer oder barrierefreier Wohnraum sowie weiterer Ausbau ambulanter Pflege- und Versorgungsdienste erforderlich.
Die Investition in diesen Bereich rechnet sich nicht nur, sie ist auch für die Betroffenen die bevorzugte Lösung statt einer wesentlich teureren Heimunterbringung.
Dem Ehrenamt und den dort engagierten Menschen muss noch mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Wir müssen die Bedürfnisse der ehrenamtlichen Helfer ernst nehmen und mit Ihnen gemeinsam Lösungen suchen und umsetzen. Angefangen von projekthaften Lösungen für Menschen die sich zeitlich nur eingeschränkt engagieren können bis hin zu Belohnungssystemen für Langzeit engagierte.
Lokaler Klimaschutz und Mobilität:
Als Bürgermeister werde ich gemeinsam mit Ihnen alle Möglichkeiten ergreifen den Klimawandel und seine Folgen hier in Gummersbach verträglicher zu gestalten. Auch in Gummersbach ist der Klimawandel überall sichtbar – ein Blick auf den Zustand der hiesigen Wälder und das Artensterben macht das überdeutlich. Mir ist sehr wohl bewusst das wir zu diesem Thema hier nicht das ganz große Rad drehen, aber auch im kleinen sind wir alle aufgefordert erheblich mehr zu tun.
Wir müssen unsere Gebäude energetisch sanieren, Begrünung da wo möglich realisieren, günstigere und intelligentere elektrische Beleuchtung im öffentlichen Raum umsetzen um nur einige Möglichkeiten zu nennen. Wir müssen Mobilität neu denken, auch die digitale, von kleinräumig auf großräumig, Mobilitätsketten unter Einbeziehung aller Verkehrsmittel schaffen, sowohl Elektro-, Hybrid- als auch Wasserstoffmobilität berücksichtigen und auch dem Fahrrad mehr Raum geben.
Fahrradwege: Ausbau, Beleuchtung und Sicherheit: Wie würden Sie als Bürgermeister Fahrradwege fördern?
Da mittlerweile viele BürgerInnen E-Fahrräder haben steht die Topographie im Oberbergischen dem verstärkten Einsatz dieser Fortbewegung nicht mehr im Wege. Ich kann mir gut vorstellen da wo es möglich ist vermehrt Fahrradspuren auszuweisen. Auch alte Wegeverbindungen zwischen den Ortschaften können wieder ertüchtigt werden. Diesbezüglich würde ich gemeinsam mit dem ADFC und anderen Experten gerne entsprechende Konzepte erstellen und umsetzen.
E-Mobilität: Wie stehen Sie zu E-Mobilität? Wie kann E-Mobilität in Gummersbach gefördert werden?
Ich würde nicht einseitig auf E-Mobilität setzen – auch Wasserstoff- und Hybrid-Mobilität müssen hier mitgedacht werden. Jede dieser Antriebsarten hat Vor- und Nachteile. E-Mobilität auf der Kurzstrecke, Wasserstoff für den ÖPNV und Langstrecke sowie Hybrid Technik für Kurz- und Langstrecke. Vorstellbar erscheint mir den städtischen Fuhrpark entsprechend umzurüsten und an den Bauhöfen Wasserstofftankstellen sowie im Rathausparkplatz E-Tanken einzurichten.
Wie kann der ÖPNV ausgebaut oder verbessert werden?
Es gibt in Gummersbach schon gute Beispiele wie das funktionieren könnte. Ich denke dabei insbesondere an den Ausbau solcher Initiativen wie „Mobiles Aggertal“ für die Bewohner der Ortschaften mit schlechter ÖPNV Anbindung. Wichtig ist auch eine bessere Taktung für die RB 25 oder eine schnelle Busverbindung Richtung Köln
Persönliche Relevanz: Welche weiteren Umwelt- und Klimathemen würden Sie als Bürgermeister fördern?
Auf Grund der uns umgebenden Wälder und deren Zustand ist es mir ein großes Anliegen gemeinsam mit den Waldbesitzern und entsprechenden Experten ein Konzept für eine sinnvolle und nachhaltige Wiederaufforstung des kaputten Fichtenbestandes zu finden.
Kinder, Jugend und Bildung:
Was würden Sie in Gummersbach für Kinder, Jugend und Bildung tun?
Die jetzige Corona Pandemie hat uns unter Anderem insbesondere die Mangelhaftigkeit unserer digitalen Entwicklung vor Augen geführt.
Als Bürgermeister setze ich mich verstärkt für den Ausbau unserer digitalen Infrastruktur ein. Das betrifft nicht nur den Ausbau schnellen Internets und die Ausstattung unserer Schüler mit digitaler Hardware sondern auch die Fortbildung der LehrerInnen. Diese müssen befähigt werden ihren Schülern den kreativen Umgang mit Tablets, Notebooks und Programmen fächerübergreifend beizubringen. Es geht darum ihre Schüler weg von den überwiegend konsumierten Inhalten hin zu zukunftsträchtiger, schöpferischer Tätigkeit mittels digitaler Technik zu animieren.
In der offenen Ganztagsgrundschule muss es zukünftig vermehrt darum gehen, keine Gießkannenförderung mehr zu betreiben, sondern individuelle Bildungsbiographien über Präventionsketten zu fördern.
Innenstadt:
Immer mehr Geschäfte im Forum oder auch an der Wilhelmstraße stehen leer. Wie kann dem entgegen gewirkt werden?
Aus meiner Sicht wird es uns nicht gelingen den Internet-Handel (Amazon,etc.) wieder zurück zu drängen. Die einzige Möglichkeit die ich sehe ist die, das Einkaufen in Gummersbach wieder zu einem Erlebnis zu machen, das den Kunden fasziniert und auf Grund seiner Vielseitigkeit in die Einkaufsstraßen zieht. Dazu ist es erforderlich die Immobilienbesitzer, die Geschäftsinhaber und die Wirtschaftsförderung an einen Tisch zu holen um gemeinsam diesbezügliche Konzepte zu erarbeiten. Wir brauchen mehr und vielseitigere Gastronomie in der Innenstadt (auch für Studenten) und Erlebnisse wie z.B. den Weltkindertag und ähnliches um das Einkaufen wieder attraktiv zu machen. Außerdem fehlen gemeinsame verbindliche Geschäftszeiten, freies Internet in den Einkaufszonen und an „Nachhaltigkeit“ interessierte Immobilienbesitzer.
Karstadt-Schließung: Welche Perspektiven sehen Sie für den Bergischen Hof?
Auch hier muss zunächst das Gespräch mit den Immobilienbesitzern gesucht werden – wenn es nicht gelingt einen Hauptmieter für die ehemaligen Karstadt Flächen zu finden wäre es eine Überlegung wert andere Nutzungsmöglichkeiten für einzelne Stockwerke zu finden. Ich könnte mir z. B. vorstellen im Erdgeschoss einen ständigen Frischemarkt analog zu einer „französischen Markthalle“ mit Gastronomieangeboten und den Anbietern von „Bergisch Pur“ und ähnlichen einzurichten. Andere Nutzungsmöglichkeiten könnten vielleicht in der Zusammenarbeit mit der Fachhochschule entstehen. Diese Vorschläge sind aber noch nicht durchdacht.
Wohnraum:
Wie beurteilen Sie die Wohnraumsituation und was sollte hier verändert werden?
Als Bürgermeister werde ich in Gummersbach für mehr preisgünstigen und barrierefreien Wohnraum sorgen. Der hiesige Wohnungsmarkt schafft bisher eine erhebliche Zahl von neuen Wohnungen („579 Wohnungen seit 2014 davon 17 Sozialwohnungen“) und damit Zuzüge, die Gummersbach gut gebrauchen kann. Die Mieten dieser Wohnungen sind aber so teuer, dass der normale Bürger sie nicht mehr bezahlen kann. Sie sind auch nicht barrierefrei und von daher für ältere Menschen und für Menschen mit Behinderungen nicht geeignet. Ich bin der Ansicht, dass man dem Markt alleine die Situation nicht überlassen darf.
Die Anzahl der Wohnungen im sozialen Wohnungsbau sinkt kontinuierlich in exorbitantem Ausmaß – 2014 hatten wir in Gummersbach noch 2159 Sozialwohnungen, 2019 waren es nur noch 1734 Sozialwohnungen. Zur Zeit befinden sich weitere 646 Sozialwohnungen in der sogenannten Nachwirkungsfrist, das heißt in absehbarer Zeit haben wir gerade noch 1088 Sozialwohnungen zur Verfügung. Dieser Trend setzt sich bedauerlicherweise fort und führt in den nächsten 10 Jahren zu einem Verlust von weiteren 733 Sozialwohnungen, so das dann nur noch 355 Sozialwohnungen verbleiben.
Wir müssen als Stadt hier die Initiative übernehmen um über Ankauf, Umnutzung und Konzeptvergaben dafür zu Sorgen, dass die Gummersbacher auch in Zukunft entsprechend ausreichenden und bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung haben.
Busbahnhof:
Der Busbahnhof fällt immer häufiger durch Berichte von Kriminalität auf. Wie kann das geändert werden?
Durch mehr Präsenz der Polizei- und Ordnungsbehörden.
Lebensmittelgeschäfte:
In Teilen von Gummersbach wird über einen Mangel von Lebensmittelgeschäften berichtet. Wie beurteilen Sie diese Lage? Wie würden Sie damit umgehen?
Eine Option hierfür könnte mein Vorschlag für Karstadt s.o. sein.
Internetausbau:
Eine gute Internetverbindung ist sowohl für Privatpersonen als auch für Gewerbe ein wichtiger Standortfaktor. Was würden Sie tun, um die Internetversorgung zu verbessern?
Freies Internet in den Einkaufszonen. Ansonsten kann ich auch nur durch Gespräche versuchen den Ausbau schnellen Internets in den Ortschaften voran zu treiben.
Wirtschaftsförderung:
Viele Branchen sind derzeit geschwächt. Wie kann die Wirtschaft in der Region wieder gestärkt werden?
Als Bürgermeister möchte ich die hiesige Wirtschaft mehr und besser unterstützen. Dabei ist der regelmäßige Austausch mit Unternehmern und Unternehmerinnen vor Ort von großer Bedeutung. Eine eigene Stelle mit Expertise in Sachen Fördermittel für Stadt und Wirtschaft soll in Zukunft dafür sorgen, dass die Wirtschaft über Fördermöglichkeiten (auch europäische) proaktiv informiert und beraten wird.
Als Bürgermeister möchte ich in Abstimmung mit den Betroffenen die Themen Gewerbeansiedlung und Flächenverbrauch miteinander versöhnen:
Weitere Gewerbeansiedlung in Gummersbach ist notwendig damit die Stadt ein prosperierender Standort bleibt. Andererseits müssen wir den Flächenverbrauch deutlich reduzieren. Beides gelingt aus meiner Sicht nur dann, wenn wir die bisherige Art der Gewerbeansiedlung verändern: Gewerbe, Supermärkte und Discounter wurden bisher in Gummersbach überwiegend eingeschossig gebaut. Zusätzlich wurden riesige Parkflächen geschaffen. Durch mehrgeschossige Bauweise auch in Verbindung mit Parken, Verwaltung und Wohnen können wir hier Abhilfe schaffen und den Flächenverbrauch fast halbieren.
Darüber hinaus möchte ich mit den uns umgebenden Kommunen ins Gespräch kommen. Interkommunales Denken und Handeln muss gefördert werden, um Kräfte zu vereinen und Projekte gemeinsam zu verwirklichen.
Die ersten 100 Tage:
Welche drei Ziele haben Sie in den ersten 100 Tagen Ihrer Amtszeit?
- Neujustierung und Einrichtung verbesserter Bürgerkommunikation
- Einrichtung eines runden Tisches „Wohnen in Gummersbach“
- Neuschaffung einer Stelle „Fördermittel“
Quelle: Bürgermeisterkandidat Thomas Hein
Autorin: Amei Schüttler