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Social Freezing für junge Frauen: Sollten Firmen unterstützen?

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Sollten Unternehmen Social Freezing für junge Mitarbeiterinnen unterstützen? Die Zeiten, in denen ein Gehalt ausreichte, um eine Familie zu versorgen, sind passé. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Frauen in Deutschland bis heute durchschnittlich 21 Prozent weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, ist daher für Frauen – zumindest finanziell und zeitlich – nicht einfacher geworden. In den USA hat jüngst der Trend des Social Freezings für Aufsehen gesorgt, der von IT-Firmen wie Apple und Facebook unterstützt wird. Doch ist das Konzept der Kryokonservierung von Eizellen die Lösung?

1. Binnen-i und Gender Pay Gap – wie emanzipiert ist die deutsche Frau?

© Sergey Nivens – fotolia.com
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Die Emanzipation der Frau hat dazu geführt, dass sie nicht nur über die gleichen Bildungschancen wie der Mann verfügt, sondern sich auch beruflich entfalten kann. Derzeitige Wirtschaftsverhältnisse legen jedoch auch nahe, dass sie muss. Zu groß ist nach wie vor die Gehaltsschere zwischen Mann und Frau, als dass ein Gehalt ausreichte, um eine Familie zu ernähren.

Als der Feminismus für die Gleichbehandlung der Geschlechter Frauen auf die Straßen führte, haben sie nicht nur für einen freien Universitätszugang demonstriert, sondern generell für gleiche Karrierechancen, um ihre Unabhängigkeit vom Mann zu sichern. Tatsächlich sind 50 Prozent der StudienanfängerInnen heute weiblich. Bei den Universitätsabschlüssen besteht ebenfalls eine ausgeglichene Bilanz. Entscheidet sich die Frau jedoch für eine universitäre Laufbahn, öffnet sich die Schere: Bei den Promotionen liegt der Frauenanteil im Durchschnitt bei lediglich 44,7 Prozent.

Während an den Universitäten in wissenschaftlichen Arbeiten mit dem Binnen-i gegendert wird und auch die Gleichbehandlung von Mann und Frau in der Berufswelt vorgeschrieben ist, sogar mit der Frauenquote an mancher Stelle gefördert werden soll, bleibt eine Kluft bestehen.

Trotz gleichen Zugangschancen zum Arbeitsmarkt, gibt es ein Gender-Gap bei der Bezahlung. Mit durchschnittlich 21 Prozent weniger Geld im Portemonnaie tut sich eine Frau schwerer mit der finanziellen Unabhängigkeit. Doch der Kinderwunsch wird häufig aus einem anderen Grund hinten angestellt: Der passende Partner fehlt. Kaum eine Frau wird vor dem 30. Lebensjahr schwanger. Doch gleichzeitig beginnt mit 30 Jahren die weibliche innere Uhr immer lauter und schneller zu ticken. Schließlich nimmt die Fruchtbarkeit von Frauen ab diesem Alter rapide ab. Doch frei nach dem Motto „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“, präsentiert sich Social Freezing als mögliche Lösung.

2. Social Freezing – was ist das eigentlich?

Social Freezing (wörtlich: Soziales Einfrieren) heißt der Trend aus den USA, der mittlerweile auch in Deutschland angekommen ist und als nicht unumstritten gilt. Doch was ist Social Freezing eigentlich? Ursprünglich wurde die Kryokonservierung (altgriech.: kryos = Kälte, Frost) unbefruchteter Eizellen für Krebspatientinnen angeboten. Aufgrund der aggressiven Chemo- oder Strahlentherapie werden die meisten Patientinnen unfruchtbar. Legen sie jedoch ihre Eizellen präventiv auf Eis, besteht die Chance, sich zu einem späteren Zeitpunkt dennoch den Kinderwunsch zu erfüllen.

Sowohl bei der Behandlung von Krebspatientinnen als auch beim Social Freezing für ansonsten gesunde Patientinnen ist das Alter bei Entnahme der Eizellen entscheidend für deren Qualität. Denn aufgrund des Alterungsprozesses nimmt die Anzahl wie auch die Qualität der Eizellen sukzessive ab. Durch das Einfrieren lässt sich der Alterungsprozess der Eizellen aufhalten. Idealerweise werden die Eizellen dazu im Alter von Mitte 20 entnommen. Doch viele Frauen machen sich in diesem Alter kaum Gedanken um die Familienplanung. Hinzu kommt, dass die Behandlung und Lagerung nicht gerade günstig ist. Für die vorbereitende, hormonelle Stimulationstherapie, die Entnahme und das Einfrieren in -196°C kaltem, flüssigem Stickstoff fallen Kosten von etwa 4.000 Euro an. Die anschließenden laufenden Kosten für die Lagerung belaufen sich auf jährlich etwa 300 Euro.

3. Social Freezing ist kein Garant für den Kinderwunsch – macht die Förderung Sinn?

Amerikanische Unternehmen wie Google, Facebook und Apple haben längst auf den Trend der Spätgeburten reagiert und sind auf den Social-Freezing-Zug aufgesprungen. Facebook gewährt seinen Mitarbeiterinnen einen Geburtenbonus von 4.000 Dollar. Gleichzeitig wird das Aufschieben des Kinderwunschs von weiblichen Mitarbeiterinnen mit 20.000 Dollar belohnt und auch die laufenden Kosten für die Lagerung werden übernommen. Bei durchschnittlichen Kosten von 10.000 Dollar für das Verfahren in den USA, bleibt ein Gewinn von 10.000 Dollar. In Deutschland werden solche Formen der Förderung jedoch nach wie vor kritisch gesehen. Einerseits gilt es als fragwürdig, wenn sich der Arbeitgeber in die Familienplanung einmischt, andererseits liegt der Verdacht nahe, die Mitarbeiterinnen auf Kosten der Familienplanung auszubeuten. Denn trotz Social Freezings besteht keine Garantie für eine erfolgreiche Geburt nach der Einpflanzung. Im Durchschnitt liegt die Wahrscheinlichkeit pro Eizelle für eine Schwangerschaft bei etwa acht bis zehn Prozent. Werden die Eizellen jedoch im Alter unter 30 Jahren entnommen, steigt die Wahrscheinlichkeit auf etwa 80 Prozent. Ob aber eine Frau den Kinderwunsch aus privaten oder beruflichen Gründen aufschieben möchte, ist eine Frage, die sie nur selbst beantworten kann.

Veröffentlicht von:

Alexandra Rüsche
Alexandra Rüsche
Alexandra Rüsche verantwortet die Redaktion Oberberg-Nachrichten. Sie schreibt als Journalistin über regionale Themen und besondere "Landmomente". Alexandra ist Mitglied im DPV (Deutscher Presse Verband - Verband für Journalisten e.V.). Sie ist telefonisch unter 02261-9989-885, oder über die Mailadresse der Redaktion erreichbar: redaktion@oberberg-nachrichten.de - Redaktionssprechstunde: Mo, Di und Do von 10-12 Uhr.

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