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Holz-Einschlag dient der Sicherheit der Verkehrsteilnehmer

Gummersbach / Gelsenkirchen – Noch bis Ende Februar dauert die Gehölzpflege-Saison bei Straßen.NRW. Vor allem nach zwei extrem trockenen Sommern sind die Meistereien und Baumkontrolleure gefordert, neben der turnusmäßigen Pflege der Bestände kranke und geschädigte Bäume zu entfernen, damit Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet werden. Forstwirt Dr. Frank Eilermann, bei Straßen.NRW für die Gehölzpflege zuständig, erklärt die Hintergründe der Fällungen und tritt auch dem Gerücht entgegen, Straßen.NRW schlage Holz ein, um Geld zu verdienen.

Um wie viele Bäume kümmert sich Straßen.NRW?

Im straßennahen Bereich sind im Zuständigkeitsbereich von Straßen.NRW circa 16.000 Kilometer mit Bäumen bepflanzt. Diese werden turnusmäßig im Randbereich alle drei bis fünf Jahre gepflegt. Zusätzlich zu den flächigen Gehölzen stehen geschätzt 600.000 sogenannte Einzelbäume rechts und links der Straßen, gut 250.000 davon sind in einem Baumkataster verzeichnet. Einzelbäume werden regelmäßig von Baumkontrolleuren untersucht, die den Zustand der Bäume dokumentieren. Nur wenn ein Baum absehbar nicht mehr standsicher ist oder große Äste abbrechen könnten, wird eine Fällung veranlasst.

Wie wird gepflegt?

In der Regel wird bei den flächigen Gehölzen eine so genannte “selektive Bestandspflege” durchgeführt. Das heißt, dass einzelne Bäume aus dem Bestand genommen bzw. „auf den Stock gesetzt“ werden. Diese Pflegemethode eignet sich vor allem dann, wenn ausreichend Bäume vorhanden sind, die auch allein stehend noch stabil und sicher sind. Stehen die Bäume hingegen sehr dicht aneinander und sind vor allem schlanke Exemplare enthalten, ist ein flächiges “auf den Stock setzen” erforderlich, da die einzelnen Bäume für sich nicht stabil genug stehen würden. Das ist häufig bei Altbeständen der Fall.

Gibt es Vorschriften?

Die Gehölzpflege richtet sich nach den Vorgaben des “Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege” (Bundesnaturschutzgesetz, BNatSchG) und den Hinweisen für die Gehölzpflege an Bundesfern- und Landesstraßen in Nordrhein-Westfalen (Ausgabe 2013). Damit wird gewährleistet, dass die Anforderungen des Natur- und Artenschutzes Berücksichtigung finden.
Generell wird die sichere Unterhaltung im Bundesfernstraßengesetz und Straßen- und Weggesetz NRW als hoheitliche Aufgabe der Straßenbaulastträger geregelt, insbesondere auch die Unterhaltung der Vegetation an den Straßen. Dieser Unterschied zur Vegetation in der freien Landschaft wird daher auch im Bundesnaturschutzgesetz deutlich aufgenommen, u.a. im § 4 diese „Funktionssicherung bei Flächen für öffentliche Zwecke“ hingewiesen.

Gibt es Ausnahmen?

Die Pflegerichtlinien gelten nicht für Bestände, die in einem Abstand von drei bis fünf Metern zum Fahrbahnrand – also im direkten Einwirkungsbereich zur Straße – stehen. Sofortmaßnahmen zur Gefahrenabwehr im Rahmen der Verkehrssicherheitspflicht bleiben ebenfalls unberührt. Das Thema Gefahrenabwehr ist nach zwei Dürre-Sommern für die Straßen.NRW-Meistereien sehr relevant geworden. Denn zahlreiche Bäume sind durch die Trockenheit geschädigt und dadurch so geschwächt, dass sie anfälliger für Krankheiten und Schädlinge sind.

Was passiert mit dem Holz?

Ein geringer Teil des Holzes verbleibt vor Ort, wo es als Totholz oder zu Reisighaufen gestapelt Pilzen, Pflanzen, Insekten und Vögeln einen neuen Lebensraum bietet. Der weitaus größere Teil des Gehölzes wird jedoch entfernt, damit in den Bereichen eine Naturverjüngung stattfinden kann und wieder austreibende Wurzelstöcke sich entwickeln können. Das Schnittgut wird weiterverwertet und als gehäckselte Biomasse energetisch genutzt oder kommt als Holz-Werkstoff zum Einsatz, zum Beispiel für Spanplatten. Eine Nutzung als klassisches Brennholz oder als sogenanntes „Stammholz lang“ erfolgt in sehr geringerem Umfang.

Macht Straßen.NRW Gewinn bei der Gehölzpflege?

Im Mittelpunkt der Gehölzpflege bei Straßen.NRW steht die Verkehrssicherheit und nicht der Holz-Ertrag. Die Gehölzpflege darf daher nicht mit klassischen Holzerntemaßnahmen im Wirtschaftswald verglichen werden. Die Gehölzpflege an Straßen ist häufig komplex. Straßen müssen für die Arbeiten gesperrt oder mit aufwändigen Sicherungsmaßnahmen (Ampeln) versehen werden. Gearbeitet wird außerdem vielfach in Steillagen, was den Einsatz aufwändiger Sicherungstechnik und kostenintensiver Maschinen notwendig macht. Dadurch erzeugen höhere Einschlagsmengen nicht automatisch auch höhere Profite. Holzpreise unterliegen starken Schwankungen. Durch die Dürre-Sommer und der Borkenkäferkatastrophe besteht ein starkes Überangebotes am Holzmarkt. Der Beitrag, mit dem die Kosten der Gehölzarbeiten durch den Verkauf des Holzes gesenkt werden, fällt dadurch geringer aus. Einnahmen aus dem Holz-Verkauf dienen dazu, die meist hohen Kosten der Pflegearbeiten für den Steuerzahler zu mindern.

Was passiert nach der Gehölzpflege?

Auch dort, wo Gehölze flächig auf den Stock gesetzt werden, ist die Natur nicht zerstört. Vor allem für Insekten findet sich schon im Frühjahr nach dem Pflegeinsatz ein neues Nahrungsangebot, da auf den gelichteten Flächen Blumen und Kräuter wachsen können, die im dichten Unterholz nicht gedeihen. Die auf den Stock gesetzten Bäume treiben zudem wieder aus und bieten schnell wieder einen Lebensraum für Vögel und Kleintiere. Dadurch, dass die Wurzeln im Boden verbleiben und die Bäume buschig wieder austreiben, werden auch die Böschungen dauerhaft gesichert.

Wie informiert Straßen.NRW über die Gehölzpflege?

Auf der Homepage werden zu Beginn der Pflegesaison die geplanten Arbeiten in Listen und auf einer Karte veröffentlicht. Auch die betroffenen Städte und Naturschutzbehörden werden in Kenntnis gesetzt. Dort, wo größere Maßnahmen geplant sind, werden die Anwohner über die örtlichen Medien oder per Handzettel informiert. Bei Maßnahmen zur Gefahrenabwehr muss in Ausnahmefällen auf eine Vorabinformation verzichtet werden.

Hintergrund

  • Gezielt gepflanzt werden Bäume heute nur noch wenig. Gerade einmal fünf bis zehn Prozent machen Bäume bei Neuanpflanzungen aus. Straßen.NRW setzt vermehrt auf strauch- und buschartige Pflanzen. Ein Vorteil: Beerentragende Büsche bieten nicht nur Nahrung und Lebensraum für Vögel und Kleinsäuger, die Tiere sorgen gleichzeitig für eine stetige Verjüngung des Bestandes, in dem sie die Samen verbreiten.
  • Von den über 35.000 Hektar Grünflächen, die Straßen.NRW entlang der 20.000 Kilometer Autobahnen, Bundes und Landesstraßen pflegt, sind etwa 12.900 Hektar Graszone, 8.100 Hektar mit Sträuchern bewachsen und gut 11.300 Hektar gehören zur Baumzone.
  • Pro Jahr werden gut 23 Millionen Euro in die Gehölzpflege investiert. Dabei gibt Straßen.NRW etwa acht Millionen für die Arbeiten an den Autobahnen aus, knapp sechs Millionen sind es an den Bundesstraße und gut zehn Millionen Euro an den Landesstraßen.

Quelle: Landesbetrieb Straßenbau NRW

Veröffentlicht von:

Amei Schüttler
Amei Schüttler
Amei Schüttler ist Redakteurin bei den Oberberg-Nachrichten. Sie sitzt in unserer Zentralredaktion in Bergneustadt. Sie ist per Mail redaktion@oberberg-nachrichten.de für unsere Leser erreichbar.

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